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Was sind die Gründe dafür, dass manche Menschen lieber ein Opfer bleiben?

Veröffentlicht am
22.10.2023
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Es mag seltsam klingen, aber seelischer und psychischer Schmerz kann tatsächlich kurzfristig angenehm sein

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen in schwierigen Situationen das Gefühl haben, hilflos und ausgeliefert zu sein. Manchmal neigen einige jedoch dazu, in dieser Opferrolle zu verweilen, auch wenn es ihnen dadurch schlechter geht. Warum ist das so? Was sind die Gründe dafür, dass manche Menschen lieber ein Opfer bleiben?

Was sagt die Forschung?

Die Forschung zeigt, dass das menschliche Gehirn auf negative Erfahrungen oft stärker reagiert als auf positive. Dieser Effekt wird als "Negativität-Bias" bezeichnet. Unser Gehirn ist darauf programmiert, negative Informationen intensiver zu verarbeiten als positive, um uns vor potenziellen Gefahren zu schützen.
Dies könnte erklären, warum manche Menschen dazu neigen, in ihrer Opferrolle zu bleiben. Sie fühlen sich in der bekannten, unangenehmen Situation "sicherer" als in der Möglichkeit eines unbekannten, aber potenziell besseren Lebens. Das Verlassen der Opferrolle erfordert Veränderungen und bringt auch Risiken mit sich, was viele Menschen verängstigt und in ihrer Komfortzone gefangen hält.

Hormone: Warum tut uns seelischer und psychischer Schmerz kurzfristig gut?

Es mag seltsam klingen, aber seelischer und psychischer Schmerz kann tatsächlich kurzfristig angenehm sein. Das Gehirn produziert in solchen Situationen Endorphine, ein Hormon, das auch bei körperlichem Schmerz ausgeschüttet wird. Endorphine können ein Gefühl der Euphorie und Schmerzlinderung verursachen.
Obwohl dieses Gefühl der Schmerzlinderung nur vorübergehend ist, kann es dazu führen, dass Menschen sich unbewusst in Situationen wiederfinden, die zu Schmerz und Leid führen. Einige Menschen können diese kurzfristige Linderung mit langfristigem Wohlbefinden verwechseln, was zu einem Verweilen in der Opferrolle führen kann.

Was hat Epigenetik mit Glück oder Unglück zu tun?

Epigenetik beschreibt die Veränderungen in der Genexpression, die durch Umweltfaktoren verursacht werden können. Eine Studie aus dem Jahr 2018 zeigte, dass traumatische Erfahrungen bei Mäusen tatsächlich epigenetische Veränderungen in bestimmten Gehirnregionen verursachen können.
Dies könnte bedeuten, dass traumatische Erfahrungen nicht nur psychologische Auswirkungen haben, sondern auch genetische Veränderungen verursachen können, die das Risiko von psychischen Störungen und Verhaltensproblemen erhöhen können.
Diese Veränderungen können auch auf die Nachkommen übertragen werden, was bedeutet, dass Kinder von traumatisierten Eltern ein höheres Risiko haben, ähnliche Verhaltensweisen und Probleme zu entwickeln.

Wenn du dich von jemandem abgrenzen möchtest, der sich ständig als Opfer sieht, gibt es einige Dinge, die du tun kannst

  1. Setze klare Grenzen: Sage der Person klar und deutlich, was du von ihr erwartest und was du nicht tolerieren wirst. Sei dabei respektvoll, aber bestimmt.
  2. Vermeide es, in ihre Opferrolle zu treten: Vermeide es, dich auf ihre Beschwerden und Vorwürfe einzulassen und gib ihnen nicht die volle Aufmerksamkeit, die sie erwarten. Konzentriere dich stattdessen auf Lösungen und positive Verhaltensweisen.
  3. Mache ihnen klar, dass sie Verantwortung tragen: Sage der Person, dass sie Verantwortung für ihr eigenes Leben und ihre eigenen Entscheidungen tragen muss, anstatt immer andere Menschen oder Umstände für ihre Probleme verantwortlich zu machen.
  4. Hilf ihnen, eine positive Denkweise zu entwickeln: Ermutige die Person, eine positive Denkweise zu entwickeln und sich auf ihre Stärken und Möglichkeiten zu konzentrieren, anstatt sich auf ihre Schwächen und die negativen Aspekte ihres Lebens zu konzentrieren.
  5. Schaffe Abstand: Wenn du alles versucht hast, um der Person zu helfen, aber sie sich immer noch als Opfer sieht, ist es möglicherweise am besten, sich von ihr zu distanzieren und die Beziehung zu minimieren, um deine eigene mentale Gesundheit zu schützen

Wie kannst du jemanden unterstützen, der möglicherweise nicht erkennt, dass er oder sie in einem Opfer-Verhalten gefangen ist?

Es kann schwierig sein, Menschen zu helfen, die in ihrer Opferrolle gefangen sind, insbesondere wenn sie sich dieser Rolle nicht bewusst sind. Hier sind 10 Tipps, die Ihnen helfen können, jemanden zu unterstützen, der in der Opferrolle verhaftet ist:

  1. Zeige Verständnis und Empathie: Gib der Person das Gefühl, dass du verstehst, was sie durchmacht. Zeige Verständnis und Mitgefühl und erkenne an, dass es schwierig sein kann, aus der Opferrolle auszubrechen.
  2. Stelle Fragen: Frage die Person, wie sie sich fühlt und was sie sich wünscht. Stelle offene Fragen, um mehr Einblick in ihre Gedanken und Gefühle zu bekommen.
  3. Ermutige zu positiven Veränderungen: Ermutige die Person, positiv zu denken und sich auf Veränderungen zu konzentrieren. Gib ihr das Gefühl, dass sie die Kontrolle über ihre Situation hat und dass sie in der Lage ist, Veränderungen herbeizuführen.
  4. Biete Hilfe an: Biete der Person Hilfe an, um aus der Opferrolle auszubrechen. Gib ihr das Gefühl, dass sie nicht alleine ist und dass sie auf deine Unterstützung zählen kann.
  5. Vermeide Kritik und Schuldzuweisungen: Vermeide es, die Person zu kritisieren oder ihr die Schuld zu geben. Konzentriere dich stattdessen auf die Lösung des Problems und erkenne an, dass es schwierig sein kann, aus der Opferrolle auszubrechen.
  6. Schaffe eine positive Umgebung: Schaffe eine positive und unterstützende Umgebung, in der die Person sich sicher fühlen kann, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken. Gib ihr das Gefühl, dass sie akzeptiert und geschätzt wird.
  7. Ermutige zur Selbstreflexion: Ermutige die Person zur Selbstreflexion und dazu, ihre Gedanken und Verhaltensweisen zu analysieren. Zeige ihr, dass sie die Macht hat, ihr Verhalten zu ändern und aus der Opferrolle auszubrechen.
  8. Gib positive Rückmeldungen: Gib der Person positive Rückmeldungen und betone, was sie gut gemacht hat. Dadurch kann das Selbstwertgefühl gestärkt und das Opfergefühl verringert werden.
  9. Empfehle professionelle Hilfe: Wenn die Person Schwierigkeiten hat, aus der Opferrolle auszubrechen, empfehle professionelle Hilfe. Eine Therapie oder Beratung kann helfen, die Ursachen des Opferverhaltens zu erkennen und alternative Verhaltensweisen zu entwickeln. Hierfür müsste die Person jedoch anerkennen, dass sie ein Problem hat. Dies ist jedoch leider selten der Fall.
  10. Sei geduldig und unterstützend: Änderungen erfordern Zeit und Geduld. Sei geduldig und unterstütze die Person während des Prozesses des Ausbrechens aus der Opferrolle. Zeige ihr, dass du an sie glaubst und dass du bereit bist, sie auf ihrem Weg zu unterstützen.

Hier sind 5 Tipps, wie du mit einem Menschen kommunizieren kannst, der sich in seiner Opferrolle wohlfühlt

  1. Vermeide Schuldzuweisungen: Wenn du mit jemandem sprichst, der in einer Opferrolle steckt, vermeide es, ihn oder sie als Schuldigen zu bezeichnen. Sprich stattdessen über die Situation und mögliche Lösungen.
  2. Achte auf deine Wortwahl: Deine Wortwahl kann einen grossen Einfluss auf die Person haben, mit der du sprichst. Vermeide Aussagen wie "Du musst..." oder "Du solltest...", da sie das Opfergefühl verstärken können. Versuche stattdessen, Aussagen wie "Ich denke, es wäre gut, wenn wir..." oder "Wie können wir gemeinsam eine Lösung finden..." zu verwenden.
  3. Biete deine Unterstützung an: Zeige, dass du bereit bist, der Person zu helfen, um eine Lösung für das Problem zu finden. Biete deine Unterstützung an und zeige, dass du gemeinsam an einer Lösung arbeiten möchtest.
  4. Höre aktiv zu: Lass die Person ihre Gefühle und Gedanken ausdrücken. Höre aufmerksam zu und zeige, dass du verstehen willst, wie sie sich fühlt.
  5. Gebe positive Rückmeldungen: Gebe der Person positive Rückmeldungen und betone, was sie gut gemacht hat. Dadurch kann das Opfergefühl verringert und das Selbstwertgefühl gestärkt werden. Zeige, dass du die Person schätzt und dass sie wertvoll ist.

Bist du möglicherweise selbst in einer Opferrolle verhaftet? 

Es kann schwierig sein, die eigene Opferhaltung zu erkennen, da sie oft tief in unseren Überzeugungen und Verhaltensweisen verankert ist. Hier sind einige Anzeichen, auf die du achten kannst:

  1. Du fühlst dich oft machtlos und hilflos und glaubst, dass dein Leben von äusseren Umständen und anderen Menschen bestimmt wird.
  2. Du fokussierst dich oft auf negative Ereignisse in deinem Leben und denkst, dass dir immer das Schlechteste passiert.
  3. Du redest oft über deine Probleme, ohne jedoch aktiv etwas zu unternehmen, um sie zu lösen.
  4. Du suchst oft Bestätigung und Aufmerksamkeit von anderen, indem du deine Leiden und Probleme betonst.
  5. Du neigst dazu, dich selbst zu bemitleiden und dich als Opfer der Umstände zu sehen.

Wenn du feststellst, dass du einige dieser Verhaltensweisen zeigst, ist es möglich, dass du in einer Opferrolle gefangen bist. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jeder Mensch in seinem Leben Erfahrungen macht, die schwierig und schmerzhaft sind. Es ist die Art und Weise, wie wir auf diese Erfahrungen reagieren und wie wir sie bewältigen, die den Unterschied macht. Wenn du feststellst, dass du in einer Opferrolle gefangen bist, gibt es Möglichkeiten, um aus dieser Haltung auszubrechen und eine positivere Einstellung zu entwickeln. Du kannst zum Beispiel mit einem Therapeuten oder Coach sprechen, der dir helfen kann, negative Denkmuster zu erkennen und zu ändern.

Hier sind ein paar Strategien, die dir helfen können, aus deiner Opferrolle herauszukommen, ohne eine Therapie oder Coaching in Anspruch zu nehmen:

  1. Verantwortung übernehmen: Akzeptiere die Verantwortung für dein Leben und deine Entscheidungen. Erkenne, dass du die Kontrolle über dein Leben hast und dass du die Macht hast, positive Veränderungen zu bewirken.
  2. Negative Gedanken loslassen: Negative Gedanken können uns in unserer Opferrolle gefangen halten. Erkenne deine negativen Gedanken und versuche, sie durch positive Gedanken zu ersetzen. Konzentriere dich auf das Gute in deinem Leben und auf deine Stärken.
  3. Grenzen setzen: Setze klare Grenzen für dich und andere. Wenn du immer Ja sagst, obwohl du Nein meinst, dann gibst du anderen die Macht über dich. Lerne, für dich selbst einzustehen und deine Bedürfnisse zu kommunizieren.
  4. Sich selbst wertschätzen: Achte auf deine Bedürfnisse und wertschätze dich selbst. Du bist einzigartig und wertvoll, auch wenn du Fehler machst. Sei gut zu dir selbst und gib dir selbst die Liebe und Anerkennung, die du verdienst.
  5. Neue Perspektiven gewinnen: Versuche, neue Perspektiven zu gewinnen und dich in andere hineinzuversetzen. Das kann dir helfen, dein Denken und Verhalten zu ändern. Wenn du dich selbst als Opfer siehst, dann denke darüber nach, wie du deine Situation ändern kannst und welche positiven Schritte du unternehmen kannst.
  6. Unterstützung suchen: Es ist wichtig, dass du dich von anderen unterstützen lässt. Sprich mit Freunden oder Familienmitgliedern über deine Gefühle und suche nach Menschen, die dich positiv beeinflussen und dir helfen können, deine Ziele zu erreichen. Es gibt auch Selbsthilfegruppen oder Online-Communities, die dir helfen können, aus deiner Opferrolle herauszukommen.

Auch ich ertappe mich ab und zu wieder in der Opferrolle. Das ist auch nicht weiter tragisch, wenn man es erkennen kann und aktiv gegensteuern kann. In diesem Sinne: Auf eine selbstbestimmtes und freudvolles Leben.

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